Adolph Diesterweg

DIESTERWEG, Adolf, Pädagoge, * 29.10. 1790 in Siegen (Westfalen) als Sohn eines Justizamtmanns, † 7.7. 1866 in Berlin.

D. studierte in Herborn und Tübingen Naturwissenschaften, Mathematik, Philosophie und Geschichte und wurde 1811 Hauslehrer in Mannheim, 1812 Lehrer an der Sekundärschule in Worms und 1813 an der von dem Pestalozzischüler Gottlieb Anton Gruner geleiteten Musterschule in Frankfurt, 1818 zweiter Rektor an der Lateinschule der reformierten Gemeinde in Elberfeld, 1820 Direktor des von ihm im Auftrag des preußischen Staates gegründeten paritätischen Lehrerseminars in Moers (Niederrhein) und 1832 Direktor des Seminars für Stadtschulen in Berlin.

D. war ein hervorragender Praktiker und Schulpolitiker und der publizistische Führer der liberalen Lehrerschaft. Er hat sich um die Hebung von Lehrerbildung und Lehrerstand und um die Ausbildung der Lehrmethode große Verdienste erworben. D. verwarf alle Standesschulen und verlangte einen organischen Aufbau der höheren Schulen auf der Grundlage der Volksschule. D. war Gegner des konfessionellen Religionsunterrichts und Vorkämpfer der simultanen Einheitsschule. Er war zwar Gegner des vulgären Rationalismus, aber Anhänger eines „ewigen, wahren, echten Rationalismus“. D. bekämpfte die Machtansprüche der Kirche auf dem Gebiet des Volksschulwesens, besonders die geistliche Schulaufsicht.

Seine freisinnigen Anschauungen und pädagogischen Forderungen brachten ihm heftige Auseinandersetzungen mit der kirchlichen Orthodoxie und staatlichen Behörden ein und führten schließlich dazu, dass D. im April 1847, der Form nach auf eigenes Gesuch, mit vollem Gehalt beurlaubt und 1850 mit Pension entlassen wurde, weil er seine Verwendung als Schulrat außerhalb Berlins ablehnte. D. wirkte weiterhin als Schriftsteller, liberaler Politiker und Organisator des Lehrerstandes. Er wurde 1848 Mitglied des Frankfurter Parlaments und 1858 Abgeordneter des preußischen Landtags.

Quelle: Biografisch- Bibliografisches Kirchenlexikon Band I (1990), Spalten 1294-1296, Autor: Friedrich Wilhelm Bautz